Baunatal ist überall

Schon beim vorletzten Madridbesuch waren wir darüber gestolpert (gedanklich, nicht wörtlich) über BAUNATAL, die vorletzte Station der Metrolinie 10.
Für alle, die mit Franks Biografie nicht im Detail vertraut sind: Er wurde in Großenritte geboren und das ist, seit der hessischen Gemeindereform von 1972 , Teil der Gesamtgemeinde Baunatal.

Was Bitteschön hat das nordhessische Baunatal mit dem Madrider Vorort zu tun ?
Das wollten wir jetzt endlich vor Ort eruieren und sind 45 Minuten mit der Metro Richtung Norden gefahren.

Teatro Municipal Adolfo Marsillach

Ruhig ist es dort und ziemlich grün, auf der Avenida Baunatal, die an der gleichnamigen Metrostation beginnt. Der Ort selbst heißt San Sebastian de los Reyes. Gutbürgerliche Wohnblocks , im Erdgeschoss mal eine Lotterieannahmestelle, mal ein Schönheitssalon. Der Bioladen hat offensichtlich pleite gemacht, im Schreibwarenladen floriert das Geschäft.
Dahinter Reihenhaussiedlungen soweit das Auge reicht. Gepflegte Langeweile. Hier Jugendlicher zu sein ist eine Strafe.
Höhepunkt der Avenida Baunatal ist das Theater „Teatro Auditorio Adolfo Marsillach“ und gleich daneben eine Art Volksbildungsheim mit Schachkursen und Gesprächskreisen übers Älterwerden. Vor dem Haus eine Bronzebüste von Pablo Iglesias. Nicht der Iglesias von Podemos wird damit geehrt (wäre ein bisschen verfrüht) sondern der Gründer der PSOE, der spanischen Sozialdemokraten.
Am Ende der Avenida Baunatal ein begrüntes Rondell mit drei bronzenen Stieren und ebensolchen Männern, die vor den Stieren flüchten.

Toros im Anmarsch

Und dort dann endlich eine Bar, die „Cafeteria Rio Duero III“.

Drinnen läuft der Fernseher. Bilder von der Jubelfeier von Real Madrid am Vorabend in Endlosschleife. Beim Mittagstisch für zehn Euro fragen wir den Kellner.
Achselzucken war seine erste Reaktion. Kopfschütteln über diese merkwürdigen Gäste die zweite, doch dann hat ihn entweder der Ehrgeiz oder die spanische Höflichkeit gepackt , jedenfalls ging er zu den Tresenhockern, dann in die Küche und schließlich zu einem Gast auf der Terasse vor der Kneipe.

Was ist los mit Baunatal ?

Nach zehn Minuten kam er zurück. Der Architekt des Theaters, so erläuterte er strahlend, war ein Deutscher, aus Baunatal . Und weil San Sebastian de los Reyes so zufrieden mit seiner Arbeit war, hat man die längste und wichtigste Strasse im Ort nach ihm benannt bzw nach seiner Heimatstadt.

Wir bedanken uns und schlendern langsam zurück zur Metrostation.
Im Foyer des Theaters sehen wir den Pförtner und wollen ihn nach dem Namen des Architekten fragen. Nein, sagt bedauernd, den kenne er nicht. Und er wisse auch nicht, woher der Name Avenida Baunatal käme. Wir sollten doch mal im Internet forschen. Einfach die Frage “ warum heißt die Avenida Baunatal Avenida Baunatal „eingeben. Schlaues Kerlchen.

Vor dem Theater studiert ein freundlicher Grauhaariger die Ankündigungen. Er weiß genau Bescheid, behauptet er. San Sebastian de los Reyes sei früher kommunistisch gewesen und deshalb eine Partnerschaft mit der Stadt Baunatal eingegangen, die einst im kommunistischen Teil Deutschlands lag. So entstehen Mythen. Baunatal selbst kenne er nicht,erzählte er weiter, dafür Zell am Hammersbach. Dort habe er in den 60er Jahren gearbeitet. In diese Stadt sei er verliebt. Sie läge im Schwarzwald. Das immerhin stimmt.

Metro Ausgang

Zwei Frauen schalten sich ins Gespräch ein. Ja, die StädtePartnerschaft, die gäbe es schon seit vielen Jahren. Alle zwei Jahre oder so käme eine Delegation aus Baunatal hierher, immer zum Stadtfest. Wer die Partnerschaft ins Leben gerufen hat ? Keine Ahnung. Vielleicht kann man uns in der Stadtbibliothek weiterhelfen. Die ist in einem gigantischen Betonklotz untergebracht . Aber heute leider geschlossen.

Eine Routineanfrage bei Google hätte uns nicht solche Geschichten geschenkt.

1 Kommentar

  1. Vielen Dank für die schönen Baunatal-Geschichten!
    Endlich ist das Rätsel des Madrider Stadtteils gelüftet!

    Bleibt die Frage, ob der Großenritter in der nächsten Baunatal-Delegation nicht einen Ehrenplatz erhalten muss …

    fragt sich und grüßt damit die Großenritterin

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